#### Tourbericht vom Roland S.: #####

Vor etlichen Jahren bin ich einmal mit einer Radgruppe durch die Nacht Richtung Wien geradelt. Das ist eine andere Geschichte - jedoch war ich von der Nachtfahrt ganz fasziniert, so dass ich so etwas noch einmal erleben wollte. Alleine ist mir eine lange Nachtfahrt zu gefährlich, aber da erfuhr ich von den Brevets in Osterdorf. Was ist ein Brevet. Nun für die Veranstaltung Paris - Brest - Paris müssen die Teilnehmer sich durch Brevets (=Beurkundung, Diplom) qualifizieren. Hierzu müssen sie Brevets über die Strecken von 200 km, 300 km, 400 km, 600 km und 1000 km innerhalb einer bestimmten Zeit absolvieren. Der 400er Brevet führte durch unsere Heimat , d.h. von Hirschaid über das Ebrach-Tal nach Adelsdorf und weiter bis Hessdorf, wo eine Kontrollstelle war.

Gestartet wurde am 20.05.2011 um 20:00 in Osterdorf (in der Nähe von Treuchtlingen). Nun überlegte ich mir, diesen Brevet mitzuradeln, aber extra mit den Auto nach Osterdorf wollte ich nicht anreisen. Stattdessen radelte ich schon früh um 9:30 von meiner Haustür los. Die offizielle Strecke fand ich etwas zu langweilig und schlug noch einen Bogen über die Frankenhöhe ins Altmühltal. Ab Herrieden folgte ich den Altmühlradweg bis kurz vor Gunzenhausen. Nun war Taktik angesagt, da der Himmel voller Gewitterwolken hing. Mit etwas Geschick schlug ich einen Bogen durch zwei Gewitterfronten und blieb mehr oder weniger trocken.

Aufziehende Gewitterwolken im oberen Altmühltal

In Treuchtlingen versorgte ich mich nochmals in einem Supermarkt für die kommende Nacht. So gegen 16:30 kam ich in Osterdorf an, wo mich gleich der Karl begrüßte. Karl ist ein Herz von einer Seele. Er strahlt eine Ruhe und Fröhlichkeit aus - einfach Klasse.

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Nach Nudelparty und längerer Pause trafen mehr und mehr Randoneure ein. Es erschien mir, dass sich alle kennen würden. So als Einzelstarter fürhte man mehr oder weniger nur oberflächliche Gespräche und bestaunte mit was für Räder die Teilnehmer so starteten. Vom High-Tech-Flitzer bis zur alten Tretmühle war fast alles dabei. Trekking-Räder, Liegeräder, Dreiräder mit Vollverkleidung, sowie ein 3er Tandem der Gebrüder Claß.

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Endlich wurde es 20:00 und Karl stieg auf seine Leiter und startete den Brevet. Ca. 130 Radler setzten sich in Bewegung. So als Einzelstarter versuchte eine Gruppe zu finden, nur welche? Also entschied ich mich soweit wie möglich vorne mitzuradeln. Zurückfallen lassen kann man sich ja immer noch...

Karl startet pünktlich um 20 Uhr den Brevet

Anfangs war es ja noch hell und mit flotten Tempo fuhren wir über die Eichstätter Hochebene. Dann nach 1h Stunde Fahrt erreichten das Anlauter Tal (34 km) und es wurde dämmrig. Schon nach 20 km hätte ich einen "Health Break" benötigt, aber dann wäre die Gruppe weg gewesen - also zwicken, ein paar Kilometer noch wird man aushalten. Nun im Tal schloss sich ein großes Gruppeto (Schätzungsweise 50 Personen) zusammen. Wenn Autos überholten, dann war dies ziemlich gefährlich, da das Feld nicht wirklich geordnet fuhr und oft die ganze Straße vereinnahmte. Die Jungs an der Spitze machten richtig Druck bald erreichten wir Beilngries (54 km), wo der erste Anstieg nach Kevenhüll auf uns wartete. Endlich Zeit sich zu erleichtern. Bergauf verkleinerte sich die Gruppe und das Fahrweise wurde geordneter. Im Laaber-Tal genehmigte ich mir ein gutes Wurst-Brot. Die Nacht war stockdunkel. Zwar hatten wir fast Vollmond, doch er war noch nicht aufgegangen. Wenigstens die Temperaturen war noch im zweistelligen Bereich, auch am frühen Morgen sollte es nicht viel weiter abkühlen.

Unruhiges Feld kurz nach den Start

In der Gruppe wurde sich wenig unterhalten. Doch ein Nordlicht fiel aus der Reihe. Sein Mundwerk ging die ganze Zeit und der Informationsgehalt war nicht besonders hoch. Da war die fetzige Rockmusik auf den Tridem-Bike eine angenehme Abwechslung. Bis Velburg kannte ich die Strecke so einigermaßen, doch die Extra-Abstecher auf einige Hügel, die der Karl einbaute, hätte ich ohne Unterstützung der Radler mit GPS nicht so schnell gefunden. Über etliche Hügel und einen längeren Anstieg erreichten wir um 0:20h und 124 km die erste Kontrolle an der Raststätte "Oberpfälzer Wald Süd". Alle stürmten herein, um ihre Karte abstempeln zu lassen. Wie auf Autobahnrastätten üblich war die Verpflegung nicht so recht Radler-tauglich. Ich verschwand kurz auf Toilette, um danach festzustellen, dass ich gerade noch die zwei letzten Radler um die Ecke biegen sah. Eigentlich wollte ich mir noch meine dickere Jacke überziehen, aber da blieb keine Zeit mehr. Nix wie hinterher. Die zwei erreichte ich schnell und in der Ferne sah man die Rücklichter der Gruppe. Vielen Dank an der Mann im Wind, der das Loch kontinuierlich zufuhr. Leider verlor er 50 m vor der Gruppe sein Rücklicht. Er kehrte um, um es zu holen - später habe ich nicht mehr in der Gruppe gesehen.

Mein Rennradl habe ich extra für die Fahrt mit einem Nabendynamo ausgestattet

So ohne Mannschaft einen Brevet zu fahren, ist wie beim RTF als Einzelstarter. So richtig Spaß macht es nicht. ABER die Gruppe kannte die Route. Gerade an Amberg vorbei schlugen wir Straßen ein, die ich nie mit meiner Karte gefunden hätte. Im Vilstal zog auch noch Nebel auf - es tropfte nur so von meinen Helm. Zwar konnte man den Mond schon sehen, aber heller ist es nicht geworden. Nach ein paar Baustellen erreichten wir den Burger-Brater mit den goldenen Bögen in Plech (189 km). Seit 20 km kannte ich mich nun auch ohne Karte aus - ich nenne das Heimvorteil. Die Gruppe hatte ihre Schuldigkeit getan. Auf das Junk-Food hatte ich auch keine Lust und zog weiterhin meine Brotzeit vor. Vor den Imbiss wartete ebenfalls ein anderer Randonneur. Kurz schaute wir uns an und entschlossen wir uns zu zweit weiter zu fahren.

Nun begann der schönste Teil der Nachtfahrt. Anfangs erleuchtete der Mond nun leicht die Landschaft. Menschenleere Straßen. Kein Nordlicht plauderte pausenlos. Eine herrliche Stille - später hörte ich die ersten Vogelstimmen. Im Trubachtal angekommen, sah man die Dämmerung anbrechen. Ruckizucki war es auf einmal wieder hell. In Ebermannstadt gesellten sich noch zwei weitere Fahrer zu uns, die aufgrund eines Defekts angehalten hatten. Mit Gegenwind näherten wir uns den nördlichsten Punkt der Route: Tiefenpölz. Nun rauf nach Teuchatz und mit rasanter Abfahrt runter nach Gunzendorf. Nächster Ort Seigendorf - die Hügel müssen den Karl wirklich gefallen, da gibt es doch auch einen schönen flachen Weg nach Hirschaid, wo die 3. Kontrolle war.

Mit den Klaus radelt ich weiter bis Adelsdorf, wo wir von weiteren Radlern eingeholt wurden. Langsam näherte ich meinen Ziel in Hessdorf (7:15 / 293 km). Meine Kumpanen hatten noch etwa weitere 100 km bis nach Osterdorf vor sich. Zeit um sich zu verabschieden. Nur noch 7 km bis nach Haus. Beim Bäcker bin ich noch kurz stehengeblieben und habe Semmeln mitgenommen. Als Abschluss von diesen Erlebnis frühstückte ich mit meiner Familie, um dann doch noch 2 Stunden Schlaf nachzuholen.

FAZIT:

Als Schluss-Resummee habe ich keinen Meter der 457 km / 3800 hm bereut. Allerdings habe ich auch kein Verlangen die 1200 km von Paris-Brest-Paris in Angriff zu nehmen. Selbst der 600er Brevet wäre mir schon etwas zu lange. Man fährt viel, aber wegen des Zeitlimits nimmt man sich gut wie keine Zeit, um die ein oder andere Sehenswürdigkeit anzuschauen. Mal schauen, vielleicht bin ich nächstes Jahr wieder mit dabei.

Zu guter letzt noch die gefahrene Route:

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